Gottesdienst-Geschichten
Wenn wir nicht gerade unterwegs sind, gehen wir Sonntags in die Tandalaer Kirche. Wir sitzen zusammen mit dem Chor, der auch meistens 2 Lieder singt. Gesang- und Liturgiebücher bringen sich die Leute selber mit, für uns ist es Glückssache ob wir jemanden mit Text neben uns haben oder nicht. Die Gemeindelieder kann ich aber in der Regel problemlos mitsingen, denn die meisten sind einfach auf Swahili übersetzte, bekannte deutsche oder englische Kirchenlieder. Die Kirche ist fast immer voll, ebenso wie der A-capella Gesang. Nur die 4 Chöre - unserer, ein aus recht alten Frauen Bestehender, ein anderer gemischter mit "mittelalten" Leuten und einer von den Studenten des Tandalaer Lehrer-Colleges - singen mit Trommelbegleitung.
Ein richtig festes Strukturmuster kann ich in den Gottesdiensten bisher noch nicht erkennen und wundere mich manchmal, woher die Leute wissen, wann sie was tun sollen. Irgendwann in der Mitte der so 1,5 bis 2,5 Stunden dauernden Veranstaltung gibt es eine längere Predigt. Aber auch zwischendurch stehen immer mal wieder Leute vorne und erzählen irgendwas. Leider verstehe ich selten etwas. Ein anderes festes Element ist das Kollekte-Einsammeln. Dazu gehen alle Leute nach Vorne und werfen ihre in einen Umschlag verpackte Spende in einen dort postierten Holzkasten, ungefähr so wie ich es vom Gabengang zu Erntedank aus Deutschland kenne. Währenddessen singen meistens zuerst wir und dann ein anderer Chor. Wer kein Geld gibt, legt oft Sachspenden (meistens in Form von frischem Gemüse) vor den Holzkasten, die nach dem Gottesdienst in dem sich draußen bilden großen Kreis versteigert werden.
Feierlichkeiten
Es gibt aber auch immer wieder besondere Gottesdienste. Ziemlich am Anfang meiner Zeit hier wird uns am Samstag gesagt, Morgen sei "Kinder-Gottesdienst". Und tatsächlich sind am nächsten Tag, anders als sonst, enorm viele Kinder da. Sie ziehen feierlich ein und nehmen dann in den vordersten Bankreihen Platz. Im Laufe dieses Gottesdienstes gehen die Kinder immer wieder raus, um dann durch den Seiteneingang singen wieder herein zu tanzen. Auch bei den vielen Liedern die sie von vorne vortragen, gibt es immer eine Choreografie, die den Meisten keinerlei Schwierigkeiten zu bereiten scheint. Aber nicht nur tanzen, auch singen können die Kinder anscheinend einfach alle. Es klingt jedenfalls richtig gut! In dem Lied, das beim Rein- und Rausgehen am öftesten gesungen wird, heißt es: "Mungu ni pendo, apenda watoto" - Gott ist die Lieber, er liebt Kinder. Dieser Gottesdienst dauert zwar deutlich länger als sonst, aber langweilig wird mir nicht.
Tatsächlich etwas zu lang ist mir ein anderer Gottesdienst, den wir nach über 4 Stunden vorzeitig verlassen, um uns vor der Kirche eine kleine Pause zu gönnen. An dem Tag findet die Konfirmation vieler Kinder statt, gleichzeitig werden ein paar kleine und einige größere Kinder getauft und es gibt Abendmahl für alle Leute in der zum Bersten gefüllten Kirche. Zur Feier des Tages gibt es dazu noch besonders viele Chorlieder, viele Lied-, Sprech- und Tanzvorträge der Konfirmanden und natürlich eine extra-lange Festtags-Predigt. Obwohl ich am Ende nicht mehr kann, ist es aber echt interessant. Die sehr schicken Konfirmanden ziehen am Anfang in einer langen, von den Diakonen und anderen wichtigen Leuten sowie dem Bläserchor angeführten Prozession die Straße entlang und in die Kirche. Ähnlich wie im "Kinder-Gottesdienst" verlassen auch sie mehrmals die Kirche, um singend und tanzend wieder herein zu kommen.
Heute stehen mal 3 Pastoren vorne und teilen sich die Arbeit. Angesichts der Gottesdienstlänge finde ich das irgendwie verständlich. Einer davon, der später auch die sehr lebhaft pantomimisch unterlegte Predigt hält, ist ein Kollege von mir, Geschichtslehrer an der Lupalilo-Secondary-School. Außer mir scheint sich darüber niemand zu wundern.
Für den Nachmittag sind wir zu 2 verschiedenen Familien-Feiern eingeladen. Von Onesmo, einem Chormitglied, wurde der Neffe oder Patensohn (wer weiß das schon so genau zu sagen?) konfirmiert und von Sedekia, dem Diakonieleiter, der Sohn. Wir gehen erst zur einen, dann zur anderen Feier und stellen fest, dass sie recht ähnlich ablaufen: Es gibt Stuhlreihen mit Sitzplätzen für alle Gäste. Gegenüber sitzt ganz feierlich der Konfirmand mit Eltern und Geschwistern. Es gibt gutes Essen, viel Soda und Bongo-Flavor-Musik. Irgendwann gehen die Gäste alle in einer Schlange nach vorne, legen ihre Geschenke (meist ein bisschen Geld, ähnlich wie in Deutschland) dezent unter ein ausgebreitetes Tuch und schütteln der ganzen Gastgeber-Familie die Hand. Irgendwann wird ein Kuchen hereingebracht. Vater oder Mutter zerschneiden ihn in mundgerechte Stücke. Damit füttert das Kind erst seine Eltern. Dann gibt es seinen Geschwistern je ein Stück, um anschließend von ihnen eins zu bekommen. Danach sind die Großeltern an der Reihe und so weiter... Alle Gäste kommen irgendwann dran und bewegen sich, manchmal tanzend und immer von großem Jubel begleitet, nach vorn, wo der Konfirmand ihnen ein auf einen Zahnstocher aufgespießtes Stück Kuchen in den Mund schiebt.
Bei Sedekia's Feier werden wir später draußen noch von einigen Gästen um
Fotos gebeten. Als wir einwilligen wissen wir noch nicht, wie lange wir
dort nicht wegkommen werden... Jeder hat noch einen speziellen
Fotowunsch, am Ende wurden wahrscheinlich alle irgendwie möglichen
Menschenkombinationen einmal mit den 3 Weißen fotografiert. Oder nur mit
den beiden Jungs. Oder nur mit mir. Uns werden Kinder auf den Arm
gedrückt und die verschiedensten Posen durchprobiert. Was ich davon
halten soll, weiß ich übverhaupt nicht, aber uns bleibt sowieso keine
Wahl. Es ist irgendwie unangenehm, aber auch auf eine gewisse Art lustig
und auf jeden Fall sehr anstrengend. Am Abend habe ich Kopfschmerzen
vom vielen In-die-Kamera-Lächeln. Insgesamt ist es aber ein richtig
schöner Tag!
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Prozession aus Bläsern, wichtigen Leuten... |
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... und Konfirmanden |
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volle Kirche und Bläser |
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Altarraum mit 3 Pastoren |
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Gewusel und Fotografieren nach dem Gottesdienst |
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der Konfirmand bekommt Kuchen von seiner Schwester |